Sonntag, 30. September 2007

Tag 8 (21.09.07)

Nach dem Frühstück in der Jugendherberge waren wir schon vier Freunde reicher, die aus Dänemark und Israel waren und wechselten kurzerhand unser sorgfältig für den Tag ausgewähltes Programm und schlossen uns ihnen bei einer Bootstour an. Die Freizeit- und Essensplanung kann man als ganz schön anstrengend empfinden, wenn dies die einzigen Probleme sind, die man am Tag hat und wir waren recht dankbar dafür, dass die anderen schon ein gutes Programm für wenig Geld organisiert hatten, was immer eine Menge Bargaining beinhaltet. Kurze Zeit später fanden wir uns auf einem Boot wieder und waren in Richtung der ersten Insel unterwegs.

Begleitet durch den Fahrtwind im Gesicht und die Musik eines in der Mitte des Boots sitzenden Gitarrenspielers mit der Tattoovierung „Jesus Christ“ auf seinem Arm, ließen wir uns die Sonne auf den Waschbärbauch scheinen und beobachteten die Brasilianer, die schon nach kurzer Zeit zu Tanzen anfingen.



Die Nicht-Brasilianer waren alle sehr leicht anhand ihrer Hautfarbe zu erkennen und an der Tatsache, dass sie nicht bei jeder Insel ins Wasser sprangen und zur Insel schwammen, sondern sich mit einem Boot und ihrem ganzen Hab und Gut an den Strand transferieren ließen. Diese Trägheit wurde teilweise durch Kentern bestraft, was eine völlige Durchnässung zur Folge hatte. Rolf und ich stellten auf dem Boot das erste Mal fest, dass das viele Essen so langsam doch Auswirkungen auf den Körper hat, da wir aber im Urlaub sind, hielt uns das nicht besonders lange von einem ausgiebigen Mittagessen und einer langen Siesta ab.


Nach dem Ausflug zu den vielen Inseln, von denen ich keinen einzigen Namen behalten habe, waren wir und unsere neuen Freunde, an deren Namen ich mich irgendwie auch nicht wirklich erinnern kann, vor die Herausforderung gestellt eine neue Unterkunft zu finden. Die verpeilten Jungs an der Rezeption der Jugendherberge teilten uns kurzerhand mit, dass sie andere Gäste hätten und alle 54 Übernachtungsplätze brauchten. Eigentlich waren wir nicht so traurig über einen Ortswechsel, weil der akute Schimmelgeruch jeden Tag und die lebenden Bettdecken uns doch so langsam zusetzten. Nachdem wir die ganze Stadt abgelaufen waren, nahmen wir dann die Pousada (Keine Jugendherberge und auch kein Hotel, sondern irgendwas dazwischen) gleich bei uns um die Ecke.
Nach einer weiteren Siesta waren Rolf und ich dann pünktlich um 12 wieder fit für die Nacht. Nach 2 Mojitos und 1 Caipi bewegten sich unsere Füße schon wieder wie von selbst zu den heißen Rhythmen. Ich beging jedoch zu früh den Fehler preis zu geben, dass Rolf nicht mein Freund war und wurde anschließend sofort von Tanzpartner zu Tanzpartner gereicht. Rolf meinte auf einer Skala von 1 bis 10 hätte ich mich mittlerweile zu einer 7 verbessert, weil ich nicht mehr so verkrampft und unentspannt ausgesehen hätte. Das könnte jedoch auch am Alkohol gelegen haben. Genau dieser animierte mich auch, mir von einem Einheimischen seine Arbeit und seinen Laden gleich um die Ecke zeigen zu lassen. Er verarbeitet Cachaca, so dass unterschiedliche Geschmackssorten entstehen und verpackt diese in selbst bemalte bunte Fläschchen. Aber natürlich war seine Intention beim Besuch seines Ladens keine geschäftlich motivierte und ich hatte alle Hände voll damit zu tun, irgendeinen Weg zurück zu Rolf in die Bar zu finden.
Beschenkt mit neuen Ohrringen und einer kleinen Flasche Cachaca konnte ich mich mit der Erklärung, dass in Europa die Dinge etwas anders laufen, nach gar nicht so langer Zeit, den Kussversuchen von Wagner (ja es gibt Brasilianer, die so heißen) entwinden. Der etwas besorgte Rolf war mittlerweile auch von weiblichen Einheimischen umringt. Das absolute Highlight des Abends war ein grauhaariger kleiner sehr dünner Rastaman mit Handtäschchen, der zu dem Lied „Machoman“ auf die Bar sprang und in wilder Euphorie eine kleine Showeinlage bot. Der Anblick seiner sich nach vorne klappenden Hüfte mit den dazu gehörenden Armbewegungen war ein überaus witziger. Hier sind es interessanterweise nicht die Frauen, sondern die Männer, die sich auf die Bar schwingen und sich von den Frauen bejubeln lassen. Je später der Abend, umso größer die Anzahl an Einheimischen um mich rum, denen es auch nicht viel auszumachen schien, dass meine Sprachkenntnisse leider nur rudimentär vorhanden sind.
Der Redefluss nahm und nahm kein Ende und wurde irgendwann von mir nur noch durch höfliches Lächeln quittiert. Im Gegensatz zu den Männern in Rio sind sie hier sehr viel höflicher. Das Bargaining wird in Paraty durch distanzierteres, höflicheres Anpreisen der eigenen Fähigkeiten ersetzt. Rolfs Fazit war, dass die Männer hier Waschlappen sind. Mich irritierte die Tatsache, dass zwei auf mich warteten, während ich mit dem dritten flirtete auch etwas. Da Geduld hier jedoch eine Tugend zu sein schien, ignorierte ich einfach die Wartenden so lange ich beschäftigt war. Meine Begleitung in die nächste Bar bestand dann schon aus 3 hoch motivierten jungen Männern.
Etwas schockiert hat mich eine Schlägerei vor der Bar, die ziemlich schnell im Zücken einer Schusswaffe endete, anstatt sich nach guter alter Manier ordentlich blaue Flecken und blutige Nasen zu verpassen. Der ohne Waffe schien nahezu unüberrascht und definitiv nicht schockiert über die Tatsache, dass er in die Mündung einer Schusswaffe schaute. Die ganze Szene hatte etwas absolut unreales und wir waren froh, dass die Situation sich nach dieser Drohgebärde ziemlich schnell auflöste.
Nach Hause begleitet wurden Rolf und ich vom Inhaber der Bar, nach Aussagen von Einheimischen ein stadtbekannter Gigolo, dem die Frauen scharenweise hinterherlaufen. Diesen fertigte ich dann höflich vor dem Eingang zum Hostel ab, ohne mir das Versprechen abnehmen zu lassen, dass ich mich am nächsten Tag noch mal mit ihm treffe.

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