Ich hatte mich etwas gewundert, warum im Lonely Planet davon abgeraten wurde am Wochenende die Innenstadt zu besuchen, aber bei den verlassenen Strassen wurde mir schnell klar warum.
Die meiste Bevölkerung hat ihren Wohnort nicht mehr im alten Zentrum, das mehr oder weniger von denen übernommen wurde, die es sich nicht leisten konnten auch in eine bessere Umgebung zu ziehen.
Der krasse Unterschied zwischen arm und reich manifestiert sich hier sehr deutlich sichtbar an den eindrucksvollen Regierungsgebäuden und geschichtlichen Monumenten, die von vielen Polizeibeamten bewacht werden und den direkt gegenüber sich bildenden Armensiedlungen.
Abgeordnete die das Parlament verlassen können ihren Blick eigentlich gar nicht vor der Armut eines Teiles der Bevölkerung schützen, weil sie bis in den Vorgarten gerückt ist. Der Fluss Paraguay direkt neben den Regierungsgebäuden ist eindrucksvoll, wenn man ihn durch die vielen stinkenden, hölzernen Behausungen der ärmsten der Armen durchschimmern sieht.
Nachdem eine Einheimische mich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass es ganz schön gefährlich sei, hier alleine als Mädchen unterwegs zu sein, setzte ich mich in den nächsten Bus und fuhr in eine andere Richtung. Ich landete anschließend eher zufällig in einer der vollklimatisierten Einkaufsmalls, die sich vor Luxuskonsumgütern kaum retten können und in der die Creme de la Creme von Paraguay verkehrt. Mit meinen noch von der Armensiedlung etwas staubigen Füßen fühlte ich mich etwas komisch, als ich über den schneeweißen Boden lief.
Einer der Jungs wohnte in Asuncion und verpasste uns anderen Fremden eine erstklassige Sightseeing Tour mit allen möglichen Insider- Informationen. Mit auf dem Programm stand auch der Besuch seines Großvaters Dr. Luis Alfonso Resck, der eine geschichtlich sehr interessante Figur in Paraguay ist. Er kämpfte gegen die Diktatur unter Stroessner, die bis 2003 in Paraguay bestand. Aus dem Exil wurde er sogar vom damaligen Bundeskanzler Kohl persönlich bei seinen Bemühungen um sein Land unterstützt. Ich werde ihn wohl auf der Botschaftsparty am nächsten Dienstag wieder sehen. Wie zufällig man sehr interessante Dinge erleben kann, wenn man sich einfach nur so treiben lässt und eigentlich keinerlei Pläne für den Tag hatte außer Bus zu fahren! Ziemlich platt vom Tag ließ ich mich noch von einigen Mücken vor dem Fernseher anbeißen, bevor ich es ins Bett schaffte.