Sonntag, 28. Dezember 2008

Ein kleiner Ausflug in die landwirtschaftliche Idylle Paraguays

Seit langem wollte ich mal wieder die dreckige und stickige, glühend heiße Hauptstadt verlassen, um endlich mal wieder etwas Landluft zu schnuppern. Arnaldo war zuerst nicht so begeistert, dass er am Samstag, direkt nach der Arbeit, ins Auto ohne Klimaanlage steigen musste, um Madame nach Altos zu fahren. Eine Woche vorher hatte ich einen in Paraguay geborenen Deutschen kennen gelernt, der mir unbedingt die kleine Estancia von Bekannten von ihm zeigen wollte, auf der auch einige seiner Rinder weiden. Ganz im Sinne meiner neuen Arbeit, bei der ich Artikel über Land- und Viehwirtschaft in Paraguay schreiben muss, opferte ich hingegen gerne einen freien Tag um mir mal einen kleinen viehwirtschaftlichen Betrieb anschauen zu können. Auch Arnaldo war bester Dinge, sobald wir die Stadt hinter uns ließen und er feststellte, dass der Deutsche hervorragend Spanisch sprach und einiges zu erzählen hatte. Er wurde in Paraguay geboren und lebt seit dem zwischen den beiden Welten. Seine Liebe zu Paraguay versteht seine Ex-Frau leider nicht wirklich und ist deswegen auch nicht wirklich aufgeschlossen gegenüber seinen Vorschlägen, sein Töchterlein mal mit nach Paraguay zu nehmen.













In letzter Zeit beschäftigt uns immer mehr die Frage der Möglichkeit eines gemeinsamen Daseins zwischen Paraguay und Deutschland. Da auch die liebe Oma Pia beim letzten Telefonat angemerkt hatte, dass es für mich an der Zeit sei, zum Ernst des Lebens zurück zu kehren und endlich mal etwas in meine Rente ein zu zahlen, sind Diskussionen über eine gemeinsame Rückkehr nach Europa zur Zeit ständig auf der Tagesordnung. Fest steht auf jeden, dass ich den halb wilden Paraguayer, den ich mir da in Paraguay vom Baum geholt habe (Ironie Ende), auf jeden Fall mitnehmen werde, in die Welt der Finanzkrise und der Seriosität und Ernsthaftigkeit. Die Frage bleibt natürlich, wo wir uns wohler fühlen werden. Man muss schon sagen, dass das Leben hier einige Vorzüge hat, die sich nicht verleugnen lassen. Was mir jedoch fehlt ist leider oft die geistige Herausforderung. Aufgrund meiner europäischen Bildung kann ich mich hier mit Leichtigkeit auf meinen Bildungsvorteil verlassen, der um einiges kleiner wird, sobald ich europäischen Boden betrete. Dort spricht jeder 2 Sprachen, hat jeder im Ausland studiert oder gearbeitet und das Konkurrenzdenken in einer Ellenbogengesellschaft ist doch noch einmal etwas ganz anderes verglichen zu der Welt der Freundschaft und Kontakte, in der ich mich hier so hervorragend zu bewegen weiß. Auf der anderen Seite amüsiert man sich hier ohne Pause. Sehr oft fehlen mir doch tiefgründige oder Fachgespräche, Konversationen, aus denen man ein paar neue Ansichten gewinnen kann oder einfach mal ein Abend an dem man über Gott und die Welt philosophiert. Wenn man schon in verschiedenen „Welten“ gelebt hat bewegt einen immer mehr die Frage, wo man auf der Erde einen Platz findet auf dem man alle Vorteile der unterschiedlichen Kulturen vereint antrifft. Die deutsche Beschwerdementalität versuche ich auf der einen Seite ab zu legen auf der anderen Seite finde ich überall etwas, was mir nicht so gut gefällt.

Zurück zum Thema: In Altos angekommen wurden wir von den Bekannten des Deutschen mit hervorragenden Köstlichkeiten sehr freundlich empfangen. Nachdem wir viel mit den Gastgebern gelacht hatten suchten Arnaldo und ich ein schönes Hotel, direkt am See von San Bernardino auf um uns mal richtig verwöhnen zu lassen.














Weil Paraguay recht klein ist, trafen wir im Städtchen abends eine Freundin aus Asuncion mit der wir ein paar Bierchen genossen, bevor wir uns in unsere Suite mit Seeblick zurück zogen. Früh am nächsten Morgen brachen wir zur Estancia auf, bewunderten Kühe und endlose Wiesen und Felder und amüsierten uns darüber wie einfach es hier ist mit ein bisschen Vieh Geld zu machen. Hier muss nicht jeden Tag das Vieh im Stall gehegt und gepflegt werden. Mal stellt diesem einfach eine große Weidefläche zur Verfügung und muss sich weder mit Stallausmisten noch mit Füttern herum ärgern.










Ganz alleine wird das Rindfleisch fett und saftig und muss nur mit den entsprechenden Impfungen versehen werden, damit es auch verkauft werden kann. Ärgern muss man sich nur hin und wieder über Trockenheiten oder riesige Termitenhügel, die wertvolle Fläche wegnehmen auf der eigentlich Weidegras wachsen sollte.










Vielleicht deswegen ist der Paraguayer bekannt für seine Vorliebe zum Faulenzen und Terreretrinken im Schatten der Bäume. Die großen Landreserven, die üppig wachsende Natur in Kombination mit ausreichend Regen bieten schon eine perfekte Grundlage sowohl für Land- als auch Viehwirtschaft, ohne sich einen abschuften zu müssen. Vielleicht deswegen ist man hier immer guter Dinge und nicht so abgekämpft wie manch einer in Deutschland, dem nicht gerade die Bananen in den Mund wachsen.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Weihnachten



Voller Vorfreude fieberte ich dem Tag entgegen, an dem ich erfahren würde, wie es denn so ist, mit der Familie meines Freundes Weihnachten zu verbringen. Noch nie habe ich Weihnachten mit meinem Freund verbracht....

Zum Glück musste ich nicht für jeden einzelnen ein Geschenk kaufen, das wäre bei 30 Personen definitiv in Stress ausgeartet. Kurz vor Weihnachten hatte ich sowieso kaum eine ruhige Sekunde. Außerdem traf es mich hart, dass ich nicht wie sonst immer ein paar Tage frei hatte. Selbst der 24te ist hier bis zum Mittagessen ein ganz normaler Arbeitstag. Dann hat man gerade mal den 25ten frei, um am 26ten schon wieder zu arbeiten. Nichts mit gemütlich unter dem Weihnachtsbaum vor sich hingammeln! Und da sagt die Oma, dass ich mal wieder zum Ernst des Lebens zurück kommen soll, wo ich doch hier noch nicht mal um Weihnachten herum frei habe!

Weder Arnaldo, noch ich sind dazu gekommen ein Geschenk für uns zu kaufen. Mehr oder weniger hatten wir eh abgesprochen, dass wir lieber für Europa sparen, weil wir da wohl jeden einzelnen hart erarbeiteten Guarani brauchen werden. Trotzdem musste am 24ten nach Arbeitsschluss noch ein Geschenk für unseren Wichtel gekauft werden. Nachdem wir Manuel zum Flughafen gebracht und ihn davon überzeugt hatten, dass kleine Mitbringsel aus dem Urlaubsland im Heimatland fast immer für Freude sorgen, stürzten Arnaldo und ich uns in die letzten Weihnachtseinkäufe. Eine Stunde warteten wir an der Kasse, um Zahlen und das Geschenk eingepackt entgegen nehmen zu können. Eingequetscht in Menschenmassen.... grauenvoll. Wenigstens am Abend blieb ein bisschen Zeit um sich ausruhen zu können vor dem üppigen Weihnachtsessen. Nicht wie um Deutschland ab 6, sondern ab 22 Uhr trafen wir uns im Haus einer der Verwandten von Arnaldo. Essen gab es glaube ich so gegen 23 Uhr 30. Grund für die Verzögerung beim Essen, war die 102 Jahre alte Oma, die als letzte auf der Party eintraf. Ein Feuerwerk dann um 12 und Küsschen für alle anwesenden und anschließend folgte irgendwann um 1 Uhr die Bescherung. Ich war überglücklich über die Tatsache, dass es nicht wie immer Barbeque gab, was mir seit längerem schon zum Hals raus hängt. Gefüllter Truthahn entsprach dann schon eher meinen Vorstellungen, obwohl ich wohl am liebsten die Küche meiner Mutter genossen hätte. Gerade zu diesem Feiertag fiel mir mal wieder besonders auf, wie sehr ich die Deutsche Küche vermisse. . . . Außerdem machte mir die Uhrzeit etwas zu schaffen. Um zwei Uhr war ich glaube ich die einzige, die müde war. Den anderen, inklusive der 102 Jahre alten Oma, machte es nichts aus bis 3 Uhr morgens im Garten zu sitzen und Wein und Bier zu trinken. Ich hätte mir entweder mehr Aktion gewünscht um nicht müde zu werden, oder jedoch ein schönes gemütliches Bett. Leider gab es keine Weihnachtsgeschichte... und keine Weihnachtslieder. Alles in Allem ist es doch merkwürdig in einer anderen Familie Weihnachten zu Feiern und ich habe furchtbar meine Familie vermisst. Tausend Geschichte über irgendwelche anderen Familienmitglieder, die ich teilweise nicht kenne, kleine Anekdoten aus der gemeinsamen Vergangenheit, Anspielungen und Witze, deren Sinn ich nicht nachvollziehen kann ..... Arnaldo hingegen hat sich total wohl gefühlt und wollte gar nicht nach Hause, während ich fast auf dem Stuhl eingeschlafen bin und von Mutters Braten geträumt habe.




Arnaldos Cousinen Theresita und Anita aus Ciudad del Este mit der kleinen Sofia, der Tochter von einem anderen Cousin von ihm.













Hab au a Gschenkle bekomma! Im Hintergrund erfreuen sich Betty, Ehefrau von Cousin Carlos und Sandra, Ehefrau von Cousin Elias!












Cousin Carlos und Ehefrau Betty1























Arnaldito und Muttiiiiii!
















Arnaldo und Bruder Fernando!


















Ganz in pink, wie sich das für ein Mädchen gehört sind die Geschenke der kleinen Sofia!

















Ganz rechts die 102 Jahre alte Oma der Familie!!














Da ich anscheinend viel zu viel in schwarz gekleidet bin, erhielt ich von Arnaldos Mutter ein schreiend pinkenes Oberteil!

















>Bruder Fernando mit Frau Judith!

Montag, 22. Dezember 2008

Erfolglose Suche nach dem Seemonster von Ipoa

Erfolglose Suche nach dem Seemonster von Ipoa


Etwas spät brach ich zusammen mit dem Tourismusverantwortlichen der Aktuellen Rundschau, seinem Cousin und meinem Besuch aus der Hauptstadt der Europäischen Union auf, um den Gerüchen über ein Seeungeheuer, das im See Ipoa leben soll, nach zu gehen.


Proviant haben wir keinen mitgenommen, jedoch zwei große Thermos mit eiskaltem Wasser. Leider mussten wir die Dienste unseres bereits 150 000 km gereisten VW Gol in Anspruch nehmen, da der Jeep von Rene gerade leider mal wieder in der Werkstatt war. Manuel, unser EU-Vertreter, hatte sich ausreichend mit Mückenschutz und mit mit Sonnencreme eingeschmiert, litt leider jedoch etwas unter einer Magen- Darm-Grippe, die des öfteren auftreten soll in diesen Breiten der Hemisphäre. Trotz des etwas tiefliegenden Autos schienen wir ausreichend mit Informationen versorgt zu sein, um dieses Abenteuer zu bestehen und hatten schon einen Verantwortlichen vor Ort ausgemacht, der anbot uns die letzten km Schotterpiste zum See zu begleiten. Als er unser Fahrzeug sah brachte er uns jedoch nur zu einer Kreuzung und sandte uns in die Wildnis mit den Worten: „Und jetzt immer nur geradeaus!“ Schon nach ungefähr einem Kilometer wussten wir nicht mehr weiter, da sich der Weg eindeutig nach liks und rechts gabelte und uns direkt vor uns ein Haus den Weg versperrte. Tapfer fragten wir uns durch und legten endlos erscheinende Kilometer über Stock und Stein hinter uns. Aufgrund der fehlenden Fachkenntnis der drei mich begleitenden Fachmänner in anderen Gebieten verloren wir wertvolle Zeit schon beim dritten Zaun, den es zu Öffnen und zu Schließen galt auf dem Weg zum See.

Wie sollen drei Deutsche auch wissen, wie man das Gewirr aus Draht und Holz wieder schließen soll, nachdem man es einmal passiert hat. Besonders intelligent ist es, wenn sich zwei Personen auf der einen Seite und eine Person auf der anderen Seite des Zauns befindet. Sehr viel gelacht haben wir, trotz der nahezu unerträglichen Hitze und der immer größer werdenden Schweißflecken auf unseren T-Shirts. Abartige Geräusche machte das Gestrüpp, welches den Unterboden des Autos streichelte. Mir wurde das erste Mal so richtig bewusst, dass der reisende Fluß in den sich Asuncions Straßen bei Regen verwandeln doch einige Rostschäden am Unterboden hinterlassen hatte. Manchmal meinte ich zu spüren, dass meine Füße nur eine hauchdünne Schicht vom Gestrüpp entfernten. Etwas müde passierten wir so ungefähr das 10te Tor nachdem wir schon viele Leute nach dem Weg gefragt hatten und endeten danach in einer Sackgasse. Nach einem Wendemanöver in Mitten der Pampa, endeten wir auch auf einem anderen Pfad kurz anschließend in einer Sackgasse. Dort fragten wir den etwas älteren Grundbesitzer um Rat.



In langen Schilderungen erklärte er uns, dass er der Nachkomme eines ehemaligen Präsidenten von Paraguays sei und außerdem, dass wir nach dem Passieren eines etwas versteckt liegenden anderen Törchens wohl noch fast 2 Stunden bis zum See brauchen würden.

Samstag, 20. Dezember 2008

Raus ins Grüne- Mbotavi

Endlich war er da, unser lang ersehnter Besuch aus Brüssel, ein Vertreter der Europäischen Kommission, der mutig genug war, Paraguay zu besuchen! Da man seinem Besuch schließlich auch etwas bieten muss, verluden wir ihn gleich in unser Auto, um ein bisschen in die Pampa zu fahren. Eigentlich stand der Funpark in Mbotavi auf dem Plan, wo man im Jungle an einer Seilbahn hinunter sausen kann, aber leider waren schon alle Eintrittskarten verkauft. Zum Glück erhielten wir eine Einladung von einem Bekannten von mir, der gleich neben dem Naturreservat in Mbotavi ein Grundstück hat. Seine Tochter reitet zusammen mit mir und schon seit geraumer Zeit hatte er mir angeboten, mir mal sein Grundstück zu zeigen. Auch den kleinen Peter aus der Pension haben wir mitgenommen, damit er auch mal das Inland von Paraguay sehen kann. Er hat es nach über einem Monat in Paraguay noch nicht geschafft, einmal Asuncion zu verlassen.





















Er befindet sich gerade innerhalb seines Studiums der Juristerei, in der Verwaltungsstation der Industrie- und Handelskammer Deutschland-Paraguay und kommt jeden Tag total ausgelaugt vom paraguayischen Arbeitsstil zurück in die Pension.

Bestens ausgerüstet, mit einer Kühlbox, gefüllt mit Bier und Leckereien, kam die Familie des Ingenieurs an, während wir gerade mal Wasser dabei hatten.
































Nachdem wir das Grundstück erkundet hatten, wurden wir sofort verköstigt. An die 5 Mangos, die auf dem Grundstück wuchsen, verschwanden im Magen von Manuel, bis sein Gesicht anfing, gelb zu werden.






















Bevor er einen Mangoschock erlitt, startete zum Glück unsere kleine Wanderung zum Felsengipfel des Grundstücks.






























Einen wunderschönen Ausblick genossen wir über Wälder und Berge. Anschließend wanderten wir durch riesige Grasbüschel durch die nahezu unberührte Landschaft.


















Arnaldo verwandelte sich augenblicklich in einen Moderator von Discovery Channel und erklärte ungefragt Naturphänomene oder betrachtete mit Kennerblick Felsformationen.


















Am liebsten hätte er wohl die ein oder andere Feldstudie mit uns zusammen durchgeführt, aber unser Gastgeber hatte anderes im Sinn und wusste es gekonnt die Gruppe nach seinen Vorstellungen zu steuern. Am meisten fasziniert hat Manuel eindeutig der riesig große Bambus. Unbedingt wollte er auch Tiere sehen, aber abgesehen von ein paar Grashüpfern und ein paar Schmetterlingen hat sich leider nichts blicken lassen.



















Wieder bei den Snacks angekommen aß Manuel gleich nochmal eine Mango, während wir schon zur ersten Bierdose griffen. Gemütlich genossen wir bis am Abend die wärmenden Sonnenstrahlen, die Ruhe der Natur und das saftige Grün der uns umgebenden Bäume.




Montag, 15. Dezember 2008

Landwirtschaft im großen Stil

Nachdem ich eine kleine Farm besichtigt hatte, stellte sich mir natürlich die Frage, wie genau sieht landwirtschaftliches Stillleben denn im großen Stil aus? Warum genau fahren die Großgrundbesitzer hier in Paraguay so große Autos und wie bewirtschaftet man ein großes Stück Land in Paraguay, wo die Regierung meist noch nicht mal dafür sorgen kann, dass das Stück Land auch an eine Straße oder an Strom und Wasser angeschlossen ist? Eine Arbeitskollegin von mir machte mich aufmerksam auf die Gruppe Espirito Santo, die nicht nur in Paraguay, sondern weltweit mit Erfolg investiert. Das Erfolgsrezept dieser Gruppe aus Brasilien ist, dass sie nicht einseitig investiert, sondern neben der Finanzbranche auch auf eine Reise- und eine Landwirtschaftliche Branche, so genannte „Real Assets“ vertraut. Mir bot sich ein Einblick in die Geschäfte der Gruppe in Paraguay durch einen Besuch der Estancia Golondrina. Wundervoll gemütlich reiste ich mit dem Direktor der Gruppe Espirito Santo in Paraguay in einem riesigen, durch eine Klimaanlage wohltemperierten Fahrzeug in Richtung der riesigen Wälder und Felder der Farm.





Über einen 17 km langen Erdweg, der von der Ruta 7 ungefähr bei km 235 abzweigt, gelangt man zum Eingang der riesigen Estancia mit Naturwaldreservat. Schon beim Überqueren einer vorbildlich in Stand gehaltenen Brücke erklärte mir der Direktor, dass dies alles von den Besitzern in Stand gehalten wird. Man zahlt in Paraguay zwar gerade mal 10 Prozent Umsatzsteuer, darf jedoch nicht erwarten, dass Wege, Strom oder Wasser einem irgendwie zur Verfügung gestellt werden! Träumerherzen, die sich nichts sinnlicher wünschen, als irgendwann auf dem eigenen Grund und Boden in Paraguay gewinnbringend zu wirtschaften, lässt ein Besuch auf dem 24 000 Hektar großen Grundstück im Departement Caazapa, höher schlagen. Da der Direktor wichtige Dinge zu erledigen hat, stellt er mir einen Forst- und einen Agrarexperten zur Seite, ebenso einen Tourismusverantwortlichen, einen Fahrer und einen großen Jeep und schickte mich los die Weiten der Estancia zu erkunden!

Jeder der Landwirtschaft im großen Stil bewundern möchte, kommt bei einer Fahrt durch das Gelände, vorbei an über 1000 Hektar Sonnenblumen-, 6000 Hektar Soja- und 500 Hektar Baumwollepflanzungen, auf seine Kosten.

Endlos schlängeln sich die angelegten Wege durch Urwald, Baumalleen, an Feldern und Weideland vorbei, bis ans Ende des Horizontes. Auch einen kleinen Einblick in die paraguayische Viehwirtschaft bietet sich dem Auge des Betrachters auf der Estancia: 1500 Rinder der Sorte Braford weiden auf den weitläufigen Flächen. Der komplette Zyklus, von der Reproduktion bis hin zum schlachtfertigen Vieh, wird auf den unterschiedlichen Farmen der Gruppe Espirito Santo in Paraguay vollzogen. Golondrina ist jedoch spezialisiert auf Landwirtschaft und überlässt den Hauptanteil der Viehzucht den anderen über das Land verteilten Estancias. Die hier grasenden Tiere erinnerten nur entfernt an die etwas mageren Kühe, die man auf kleineren Estancias bewundern kann.










Hier wird sich die Mühe gemacht, die Tiere mit Kraftfutter zu versehen in Phasen der Trockenheit. Um diese riesige Estancia erfolgreich bewirtschaften zu können, sind über 230 direkte Angestellte nötig, die in den Erntephasen durch zusätzliches Dienstpersonal ergänzt werden. Die Größenordnung in der die Estancia spielt, verdeutlicht sich an den riesigen Silos, die bis zu 6000 Tonnen fassen können, genauso wie am gigantischen Fahrzeugpark der sowohl Erntegeräte, Lastwagen als auch andere landwirtschaftliche Geräte zur Verfügung stellt.


1976 kam die Unternehmergruppe Espírito Santo nach Paraguay und erwarb den fruchtbaren Boden in Caazapa für gerade mal 130 Dollar pro Hektar. “Sieht man mal von den sich auf dem Boden befindlichen Ressourcen ab, kostet der Hektar heute in der Region um die 2800 Dollar”, erklärt Ingenieur Luis Arrellaga, Generaldirektor der Gruppe Espirito Santo Paraguay. 1977 wurde die Sociedad Agrícola Golondrina S.A. gegründet, die auch heute noch das Herz und Administrationszentrum der Aktivitäten von Espírito Santo Paraguay bildet. Ursprünglich befanden sich auf dem Grundstück 20 000 Hektar Urwald und 4000 Hektar Naturböden. In den ersten Jahren wurde das große Geschäft mit dem Abbau und Verkauf der Baumbestände gemacht, bevor sich ab 87 die heute noch bestehende Viehwirtschaft entwickelte. Auch die Gruppe Espirito Santo hat die Finanzkrise zu spüren bekommen. „Vor allem der Finanzsektor hat starke Einbußen machen müssen, während uns im Agrarsektor der Preisfall, verglichen mit den Spitzenwerten dieses Jahres, von um die 30-45% zu schaffen macht“, schildert Ingenieur Arrellaga. Er erklärt weiter, dass sich die unwahrscheinlich hohen Preise, die Mitte des Jahres erzielt wurden, durch diesen Einbruch nivelliert wurden und sich erst im nächsten Jahr zeigen wird, inwiefern die Finanzkrise für rote Zahlen verantwortlich sein wird.










Ein besonderes Merkmal der Estancia Golondrina ist die Naturwaldbewirtschaftung und die Pflege des Naturwaldreservats Ypetî. Auf über 50 % der Gesamtfläche befindet sich noch größtenteils unberührter Urwald. 2700 Hektar des tropischen Naturwaldes wird seit 2003 ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltig bewirtschaftet. Willson Fleitas ist der Verantwortliche für die Pflege und den Abbau der sich im Wald befindenden 65 Baumsorten. Zur Glaubwürdigkeit einer nachhaltigen Nutzung wurde eine Zertifizierung durch das „Forest Stewardship Council" vollzogen. Weil das Reservat ein hervorragendes Beispiel des für die Region typischen Waldes ist, wurde er zur „geschützten Wildnaturzone in privatem Besitz erklärt“. Das Dekret mit der Nummer 21.346 aus dem Jahr 2003 interessiert die in das Gelände einmarschierten Bauern jedoch wenig. Im Zuge der im Inland immer häufiger vorkommenden Belagerungen von Privatbesitz durch landlose Bauern verstehen die revolutionierenden Bauern den Naturwald als brach liegendes Land, das ihnen zur Verfügung gestellt werden könnte. Ein offener gerichtlicher Prozess gegen die Landbesetzer ist jedoch schon eingeleitet, ein Urteil gegen sie schon gefällt, das nur darauf wartet von der Polizei vollzogen zu werden. Da jedoch im Moment an allen Ecken und Enden im Land gegen Besetzer vorgegangen werden muss, kann schon mal eine gewisse Zeit vergehen, bevor man die nicht geladenen Gäste wieder los wird. In einem wunderschönen Landhaus nahm ich ein hervorragendes Essen zu mir. Journalisten werden in diesem Land wirklich ausgezeichnet behandelt. Mir wird eine kleine Fernbedienung in die Hand gedrückt. Diese betätigt die elektrische Glocke, die den Angestellten mitteilt, dass ich einen Nachschlag wünsche oder irgendetwas anderes wünsche. Da das Essen und der Service jedoch ausgezeichnet waren, habe ich diese nur betätigt, um mich bei den Angestellten zu bedanken und zu verabschieden.


Am Liebsten wäre ich gleich dort geblieben in dem schönen Haus inmitten von Kühen und Weiden, jedoch wollte ich rechtzeitig zum Abendessen wieder bei meinem Liebsten sein. Etwas traurig und total verwöhnt bestieg ich den überfüllten Bus zurück nach Asunción.

Sonntag, 14. Dezember 2008

Ein Sieg mit Hindernissen!

Endlich hat sich mal mein Startgeld rentiert! Einen grossen Teil meines Lohnes schleppe ich jeden Monat auf den Reitplatz. Einige Male habe ich mich schon im Sand der Piste wiedergefunden, immer mit dem Ziel, irgendwann einmal inmitten der vielen kleinen Mädchen und Jungs zu stehen und strahlend einen Pokal in die Höhe zu heben.

















Natürlich habe ich damit gewartet, bis irgendwann mal ein wirklich wichtiges Turnier kommt. Voller Aufregung fuhr ich mit dem lieben Peter (der seit geraumer Zeit auch in der Pension wohnt und uns doch schon etwas ans Herz gewachsen ist) auf dem Nebensitz zu dem weit entlegenen Reitplatz auf dem ein wichtiges nationales Turnier stattfinden sollte. Ganz in weiss gekleidet, ohne passendes Turnierjäckchen und ohne Peitsche, da die mir irgendwie abhanden gekommen ist, lief ich totla aufgeregt die Piste und die Hürden ab, um diesmal ja keinen Fehler zu machen. Peter und ich schauten erst den anderen Teilnehmern zu die meist im zur Satteldecke passenden Jäckchen auf ihren eigenen wundervollen Pferden mit Leichtigkeit die Hürden nahmen. Ich im Gegensatz dazu wurde drei mal aufgerufen, bis ich mit Alanis, dem armen Gaul, den schon die Hälfte der anderen Mitbewerber meines Reitclubs über die Hindernisse gequält hatte, endlich auf der Piste stand. Das Mädchen das vor mir dran war ritt zwar im vollen Galopp zurück zum Start, um mir nicht nur Pferd, sondern auch Turnierjäckchen und Peitsche zu geben, es liess sich jedoch trotzdem kaum verbergen, dass wir fast alle das gleiche Pferd benutzten. Mit hängenden Ohren kam der gute Alanis angewetzt und so konnte ich als "Rafaela Ramlis" nach dem Startgong losgalopieren. Da ich das letzte Mal als "Rafaela Ramirez" angetreten war, habe ich mich nicht weiter an der Tatsache gestört, dass wieder mein Name falsch auf den Startlisten stand. Ohne jegliche Probleme war ich durch durch den Hindernisparkur geritten ohne irgendetwas von meinem Umfeld mit zu bekommen. Im schnellen Galopp war ich sofort auch wieder zurück beim Reitlehrer und bei der der nächsten Mitstreiterin. Der arme Alanis war nach seiner hervorragenden Performance schliesslich noch nicht am Ende der Mitgliederliste unseres Clubs angekommen. Mein "Profe" Isaac lobte meinen eleganten Auftritt, aber auf meine Frage hin, in welcher Zeit ich den Parkour gemeistert hatte, meinte er nur, dass dies keine Rolle spielte, er sei schon glücklich das wir ohne runter zu fallen im Ziel ankommen würden. Aufgrund dieser Aussage wusste ich nicht, dass ich zusammen mit einem anderen Mädchen sehr nahe bei der Bestzeit lag. Als durch Lautsprecher verkündet wurde, dass ich den dritten Platz belegt hatte, musste ich erst noch mal ein passendes Jäckchen auftreiben, um den silbernen Pokal entgegen zu nehmen!
























Glücklich grinsend saß ich dann also auf dem total fertigen Alanis und war nur traurig darüber, dass nicht nur meine Familie anwesend sein konnte, sondern auch leider mein viel arbeitender Freund durch Abwesenheit glänzte. Als einziger Trost blieb mir die Tatsache, dass dieser Auftritt der "blonden Deutschen, die über Hindernisse springt" mir über die Grenzen von Asuncion hinaus zu Berühmtheit verhelfen sollte. Eine Woche später, in einem kleinen Örtchen irgendwo in Mitten der Pampa Paraguays, erzählten andere Turnierteilnehmer Freunden von mir, dass eine blonde Deutsche mit geliehenem Jäckchen und geliehener Peitsche, auf einem totmüden Tier dem dritten Platz entgegen gesprungen sei. Aufgrund dieser Leistung verlieh mir mein Reitclub kurz vor Weihnachten einen weiteren Pokal mit der Aufschrift "Vice Campeona Nacional", da ich die gleiche Zeit erzielte wie die Zweitbeste des Turnieres.






















Da sie jedoch während der Probe ein bisschen besser abgeschnitten hatte, landete sie auf dem zweiten Platz. Etwas gerührt brachte ich im vor Aufregung etwas holprigen Spanisch noch eine kleine Rede vor meinem Club zustande, die unbedingt ein paar Worte von ihrer einzigen Ausländerin hören wollten.



Der stolze Alanis, auch bekannt als Biest, da er eine Vorliebe hat unvorsichtigen Menschen mit der Hufe eins auszuwischen oder manchmal auch dazu tendiert nicht wirklich das machen zu wollen was sein Reiter gerne tun würde.





























Ich denke man sieht auf dem Bild deutlich, dass ich nicht unbedingt zu den jüngsten meines Reitclubs zähle!