Sonntag, 30. März 2008

Schon wieder ein Monat rum (März 2008)


Ich komme wirklich immer seltener dazu hier etwas zu veröffentlichen…

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich mich immer besser in Paraguay einlebe. Neulich war ich auf dem Geburtstag einer der Söhne von meiner Lieblingsfamilie.













Als ich mich bedankte, dass er mich eingeladen hätte, meinte er das sei doch wirklich mehr als selbstverständlich, da ich ja quasi zur Familie gehören würde. Mit ganz stolz geschwellter Brust habe ich dann die Party verlassen.












Die beiden Söhne haben mich an diesem Abend das erste Mal in Männerbegleitung gesehen und Arnaldo ist von ihnen mehr als nur beäugt worden. Ich hatte ja noch nie Brüder, aber fand es überaus witzig zu hören, dass beide am nächsten Tag ihre Mutter fragten, ob sie Arnaldo näher kennen würde und ob ich auch 100 prozentig in guten Händen wäre. Auf der Geburtstagsparty haben Arnaldo und ich das erste Mal zusammen getanzt und ich war wirklich mehr als nur überrascht, dass er ein wirklich ausgezeichneter Tänzer ist. Als wir nach dem Tanzen wieder in Richtung unseres Tisches unterwegs waren erhielten wir Applaus und wurden gefragt, wie lange wir schon zusammen üben würden…. Mir war in diesem Moment noch ganz anders von den vielen Drehungen und ich war drum bemüht meinen wie nach einem Marathon rasenden Herzschlag wieder in den Griff zu bekommen. Tanzen kann doch etwas anstrengend sein habe ich festgestellt.


Da wir so viel Spaß beim Tanzen hatten sind wir gleich zwei Tage drauf wieder Tanzen gewesen. Meine Freundin Sady, mit der ich im April zusammenziehen werde, Arnaldo und ich waren leider nahezu die einzigen, die gerade diese Bar an diesem Abend ausgesucht hatten.

















Weil die Musik aber ausgezeichnet war und wir bei gähnender Leere mehr Platz hatten zum Tanzen haben wir keinen Ortswechsel in Betracht gezogen.














Bis morgens um 7 haben wir getanzt bis die Füße wirklich wund waren. So langsam habe ich mich an das späte Weggehen hier gewöhnt. Vor 12 Uhr nachts fängt man gar nicht erst an mit Ausgehen und vor 7 braucht man auch nicht glauben, dass man daheim ist. Das Zauberwort heißt: Vorschlafen! Die hier berühmt berüchtigte Siesta lässt einen dann nachts länger durchhalten.


An Ostern hat mich Arnaldo zu einem kleinen Osterausflug eingeladen. Meine Familie hier war ganz betrübt, dass ich nicht traditionell mit ihnen an Ostern „Chipa“ backen würde, aber man kann halt nicht immer überall gleichzeitig sein. Wir haben uns in San Ignacio eine riesige Osterprozession angeschaut.










An die 8000 Menschen haben diesen Ort mit uns aufgesucht. Auf dem gesamten Berg waren tausende von Kerzen aufgestellt und riesige Fackeln säumten den Weg. Es war schon sehr beeindruckend, wie die sehr gläubigen Paraguayer den Leidensweg Jesu in Szene gesetzt haben. Die nächsten zwei Tage haben Arnaldo und ich die Natur genossen und es uns gut gehen lassen in der Idylle des Hinterlandes von Paraguay.
























Es ist allerdings schwer in Paraguay Orte zu finden, die man gerne als Tourist besuchen möchte. Es gibt kaum Reiseführer oder Schilder oder irgendetwas was darauf hinweist, wo sich solche Orte befinden. Man kann nur im Gespräch mit Paraguayern herausfinden, wo schöne Ecken sind.














Ein absolutes Highlight der letzten Zeit war eine paraguayische Hochzeit. Einer der Cousins von Arnaldo hat geheiratet und ich habe mich sehr gefreut, dass er mich mitnehmen wollte. Samstagmittag habe ich dann etwas überraschend festgestellt, dass die Kleidung, die ich hier in Paraguay habe, absolut unangemessen ist für eine solche Festlichkeit. Ballkleidung ist das einzig zulässige für eine Frau, wenn man sich nicht total blamieren möchte. Arnaldo war schon ganz unruhig geworden, da seine Mutter und seinen Schwester doch schon die ganze Woche gefragt hatten, ob ich denn die passende Kleidung besitzen würde. Zum Glück gibt es da noch meine Freundin Sady, die mir in dieser Notsituation mit einem Ballkleid aushalf.










Sie lieferte nicht nur das passende Kleid, sondern auch den Schmuck und die Handtasche.














Das Kleid war leider nicht ganz auf mich zugeschnitten und verursachte einige Probleme an diesem Abend, aber meine zuvorkommende Abendbegleitung hat immer sehr dezent die verrutschenden Träger korrigiert.











Der Rücken meines Kleides wurde komplett geschnürt und Arnaldo ist immer kreativer geworden in Bezug auf die Schnürtechnik, die wir doch mehrere Male abändern mussten. Es ist ganz schön schwer mit einem hautengen Kleid Tanzen zu wollen, vor allem wenn man zudem auf 10 Zentimeter hohen Absätzen steht. Aber in Bezug auf Mode muss man in Paraguay sich doch einiges an Mühe geben, um nicht völlig unterzugehen. Es war nicht eine einzige schlecht angezogene Dame auf der Hochzeit. Bei 500 Gästen finde ich keine schlechte Leistung.










Den meisten Frauen sah man auch definitiv an, dass sie an die 4 Stunden im Bad verbracht haben dürften. Gleich nach dem Abendessen wurden die typischen lateinamerikanischen Rhythmen aufgelegt und sehr wild getanzt. Sowohl jung als auch alt befanden sich auf der Tanzfläche, während an den Tischen gähnende Leere herrschte. Um 5 Uhr morgens waren meine Füße dann so taub, dass ich es für angebracht hielt den Heimweg anzutreten. Die Woche ließ ich wie üblich bei meiner Lieblingsfamilie ausklingen. Es hat mich sehr traurig gemacht zu hören, dass sie in große finanzielle Probleme geraten sind. Die Mutter von Miriam ist sehr krank geworden und ein Krankheitsfall bedeutet in Paraguay immer eine schwere finanzielle Belastung. Zudem ist das Gehalt des Familienvaters schon vor geraumer Zeit so zusammengekürzt worden, dass es nicht reicht um die Familie zu ernähren. Miriam ist im Moment im letzten Semester ihres Studiums und versucht verzweifelt einen Nebenjob zu finden, damit die Situation irgendwie überwunden werden kann. Für Paraguayer einen Job zu finden ist leider um einiges schwieriger als für mich und ich weiss nicht, ob ich ihr diesbezüglich irgendwie helfen kann. Sie war diese Woche nicht bei der Uni, weil kein Geld für den Bus vorhanden war. Der Abschluss des Studiums bedeutet selbst in ihrem Alter den einzigen Ausweg aus der finanziellen Misere. An dieser Stelle sieht man ganz deutlich, dass ein Sozialstaat schon viel Wert sein kann. Die Familie springt zwar an dieser Stelle ein und bezahlt Stromrechnungen oder was sonst so anfällt, aber es war meiner Familie doch deutlich anzusehen, dass sie kaum mehr über die Runden kommt. Das hat mich sehr traurig gemacht und ich werde schauen, wie ich ihnen helfen kann……