Mittwoch, 28. November 2007

Wochenrückblick 25.11.2007

Einschub: Ich entschuldige mich an dieser Stelle aufrichtig für die Veröffentlichung des Bildes. Ich war mir der grossen Lesergemeinschaft meines Blogs nicht bewusst. Eigentlich dient er nur der Verständigung mit meiner Familie und meinen Freunden in Deutschland. Eine Zurechenbarkeit auf Personen war von mir nicht beabsichtigt, da ich hier eigentlich nur denjenigen, die mir lieb sind und die weit weit weg wohnen, einen Eindruck von Paraguay vermitteln möchte. Deswegen auch die ehrliche Schreibweise, die an dieser Stelle wirklich etwas unüberdacht war. Die Gastfreundschaft der Menschen, die ich besucht habe war wirklich aussergewöhnlich. Ich hoffe nicht, dass mein Fehler einen Einfluss darauf haben wird!



Es ist nahezu unglaublich wie schnell die Zeit vergehen kann muss ich auch diesen Sonntag wieder feststellen. Ich war diese Woche mutig genug mir hier eine Gelbfieberimpfung verpassen zu lassen. Nachdem ich ungefähr zwei Stunden danach gesucht hatte, stand ich endlich vor dem Gesundheitsministerium. Grund für die lange Suche war, dass Paraguayer, wenn sie nicht wissen, wo der Ort ist nach dem ich frage manchmal dazu tendieren, einfach in die nächstbeste Richtung zu zeigen. Aber da ich hier ja nicht unbedingt unter Zeitdruck stehe hab ich mich diesbezüglich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dafür ging die Impfung dann umso schneller. Ich hatte kaum die Frage ausgesprochen hatte ich auch schon ne Nadel im Oberarm und eine halbe Minute später stand ich mit der dazugehörenden Bescheinigung auch schon wieder auf der Straße. Ich musste irgendwie etwas schmunzeln bei dem Gedanken, dass man in Deutschland zu einem Spezialisten gehen muss für die Impfung und jede Menge Hinweise zur Impfung bekommt. Mit dem guten Gefühl, mich total auf diese Impfung verlassen zu können, fühle ich mich nun um einiges sicherer in Bezug auf die Mückenplage (Ironie Ende), die anscheinend in den richtig heißen Sommermonaten hier noch richtig schlimm werden soll. Einen sehr netten Morgen habe ich auch mit einer meiner Kolleginnen aus dem Mercosurgericht verbracht. Sie war vom Chef abbestellt worden sich doch um mich und meine Einkaufsprobleme zu kümmern. Mit dieser Paraguayerin im Schlepptau konnten auf dem Mercado Quadro meine letzten Urlaubsvorbereitungen zu sehr günstigen Preisen erledigt werden. Jedes Mal, wenn mir ein viel zu teurer Preis genannt wurde erzählte sie den Verkäufern, dass ich mich hier in einen Paraguayer verliebt hätte und wahrscheinlich in Paraguay bleiben werde, weil es mir so gut gefällt. Dies zauberte nicht nur ein Lächeln auf die Gesichter der Verkäufer, sondern senkte den Preis um ungefähr 25%. Nachdem ich meine liebenswerte Kollegin daheim abgesetzt hatte und ordentlich ihr kleines Baby bestaunt hatte war es für mich wieder Zeit für meine richtige Arbeit bei der Zeitung. Wie sehr ich mich schon an die paraguayische Arbeitsweise gewöhnt habe wurde mir bewusst, als ich mit einer österreichischen Delegation an Parlamentariern und wirtschaftlichen Vertretern konfrontiert wurde, über die ich berichten musste. Der mir von Ihnen ausgeliehene Memoriestick zum Datenaustausch war leider nicht mit dem Vermerk „umgehend zurück zu geben“ versehen worden. Ich kam auch nicht auf die Idee, dass sie, obwohl sie sich die nächsten zwei Tage nicht in der Stadt befanden und deswegen auch keinen Zugriff darauf hätten haben können, diesen doch gerne schon sicher im Hotel gewusst hätten. Nachdem sie den Chef der Zeitung, seine Sekretärin und mich ausreichend mit Anrufen traktiert hatten konnten wir immerhin noch bewirken, dass der Stick ungefähr einen Tag vor ihrer Rückkehr im Hotel auf sie wartete. Ansonsten musste ich während des Interviews feststellen, dass es mir nicht wirklich gefällt mit wie viel Weltverbessertum im Gepäck, die Herren Gesandten auf einem sehr hohen Ross den weiten Weg in Kauf genommen hatten, um dem armen Paraguay mal zu zeigen wo der Bartel den Moscht holt… Auch die Menonitten, die ich am Wochenende in ihrer Kolonie besucht habe, sind trotz ihrer langen Präsenz in Paraguay auch noch nicht auf die Idee gekommen, dass man vom Paraguayer abgesehen von der Essens- und Trinkenzubereitung auch noch etwas anderes lernen kann. Es fällt Ausländern im Allgemeinen schwer zu verstehen, warum der Paraguayer eigentlich recht glücklich ist in seinem Land ohne Meer mit dem vielen Dreck und dem definitiv fehlenden Wohlstand. Vielleicht bleiben die deutschen Menonitten, die ihr Glück als Bauern in Paraguay machten, deswegen auch so sehr unter sich: Sie können nicht nachvollziehen, warum der Paraguayer nicht wie sie den ganzen Tag auf seinen Feldern für etwas mehr Wohlstand schufftet und statt dessen lieber die Hälfte des Tages in der Sonne sitzt und Terrere trinkt. Genauso fällt es wohl auch dem Paraguayer schwer zu verstehen, warum man denn den ganzen Tag schufften soll, wenn man am Abend dann nur noch tot ins Bett fallen kann. Der goldene Weg liegt wohl, wie so oft irgendwo in der Mitte. Interessant war es schon zu sehen, was für ein Leben die Deutschen da draußen im Nirgendwo Paraguays führen. Eine 35 km lange rote Schotterstraße stellt die einzige Verbindung der Menonitten in „Friesland“ zum Rest der Zivilisation dar. Innerhalb der Kolonie gibt es alles was man zu einem spartanischen Leben braucht und seit ungefähr 2 Monaten sogar einen Bäcker, damit die gute Hausfrau nicht wirklich alles selber backen muss. Ich war bei einer kleinen Familie für die Nacht untergebracht, die wohl schon über eine Stunde am liebevoll gerichteten Abendessenstisch gesessen und auch mich gewartet hatten. Angeschaut wurde ich mehr oder weniger wie eine Spezies von einem anderen Planeten von dem ungefähr 28 jährigen Ehepaar und den beiden Kindern, die 7 und 8 Jahre alt waren. Die kulturellen Unterschiede lagen förmlich auf der Hand.


Die Freundlichkeit der Leute war sehr groß, aber ich kam mir in diesem vor Sauberkeit nahezu strahlenden für meinen Geschmack sehr karg eingerichteten Heim mehr als nur exotisch vor. Es wurde im Gespräch auch sofort betont, dass es für eine Frau wohl kaum gut sein kann, so lange alleine durch die Welt zu ziehen und als ich dann auch noch in das Fettnäpfchen trat die Frau zu fragen, was sie denn beruflich mache wurde das Gespräch dann doch immer abstrakter. Natürlich war sie nur Hausfrau, denn die absolute Sauberkeit ist wie die Ewigkeit leider nur sehr schwer zu erreichen.











Allerdings war ihr selbstgebackener Kuchen und die selbstgebackenen Brötchen und die vielen anderen Leckereien definitiv die Erfahrung wert. Genauso wie die Gespräche, die überaus interessant waren, obwohl ich mir nie vorstellen könnte so zu leben. Besonders fasziniert haben mich die beiden völlig verweichlichten Kinder der Familie. Irgendwie musste ich ständig an die Straßenkinder in Asuncion denken, die manchmal schon vor dem 6 Lebensjahr sich selbst verdienen denken, als das Mädchen anfing zu weinen, als ihr die Gabel aus den Fingern glitt und auf den Boden fiel. Grund meines Besuches war das 70 jährige Bestehen der Kolonie! Diese Jubiläum wurde gebührend gefeiert und man freute sich besonders, dass man es geschafft hat so viele Jahre unter sich zu bleiben.













Zurück in der Zivilisation war ich froh, dass ich noch am gleichen Abend aus den vielen Möglichkeiten, die sich in der Großstadt bieten mein Abendprogramm auswählen durfte. Auf wilde Rhythmen tanzten wir bis spät in die Nacht.




Wochenrückblick 18. November

Erst mal ein paar Neuigkeiten:

Ich gebe mir alle Mühe hier so zu tun, wie wenn ich auch auf Fußball stehen würde, weil hier wirklich jeder auf Fußball steht und ich mir doch vorgenommen habe etwas paraguayischer zu werden. In netter männlicher Begleitung fällt das dann auch garnicht so schwer und vor allem wenn mein guter alter Freund Cerveza noch dabei ist.












Ich erfreue mich seit kurzem einer überaus guten Küche, seit dem Alex in die Pension eingezogen ist. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle für die wundervolle und liebevolle Essenzubereitung!















Besonderer Höhepunkt dieser Woche war definitiv das Feministinnentreffen, auf dem ich recht spontan am Wochenende gelandet war. Der Grund für diesen kurzfristigen Planwechsel war allerdings nicht gerade feministischer Natur, sondern schlicht und einfach die Tatsache, dass Samuel, mit dem ich auch schon die Botschaftsreise unternommen habe mich fragte ob ich ihn nicht begleiten wolle. Er wurde von seiner Chefin zu diesem Event geschickt und auch ich konnte meinem Chef bei der Zeitung irgendwie klarmachen, dass es wichtig wäre die Frauenbewegung in Paraguay nicht aus den Augen zu verlieren. Durch dieses Einverständnis meines Chefs waren dann nämlich auch automatisch die Probleme der Finanzierung des kleinen Ausfluges nach Encarnacion (ungefähr 5 Stunden Busfahrt von Asuncion entfernt) geklärt. Samuel und ich hatten uns schon besonders auf die Busfahrt gefreut, die viel Zeit gelassen hätte, um sich zu unterhalten. Aber da es ja immer anders kommt als man denkt, selbst wenn die ganze Reise sehr geschickt eingefädelt worden war, musste er leider in Begleitung seiner Chefin im Auto voraus fahren. Dieser traurige Umstand bot mir dann jedoch die Gelegenheit mit den anderen Mitfahrenden besser in Kontakt kommen zu können- ich hatte ja schließlich der Frauen zu Liebe diese weite Reise auf mich genommen und nicht wegen eines recht süßen Paraguayers!!









In Encarnacion angekommen ging es dann auch gleich mit Kundgebungen und Protestmärschen durch die Stadt weiter. Umringt von einer recht bunten Schar an Frauen jeglichen Alters hatte auch ich recht bald Plakate in der Hand und machte einfach mal bei etwas mit von dem ich eigentlich gar keine Ahnung hatte.









Dank dieses Wochenendes habe ich jedoch einen Crashkurs in Sachen Frauenprobleme in Paraguay erhalten und kann somit vielleicht auch ein bisschen ausgleichen, dass sich wie immer sehr wenig weibliche Personen in meinem Freundeskreis befinden. Im Gegensatz zum deutschen Pendant namens Alice Schwarzer beschäftigen sich die Vertreterinnen der Frauenvereinigungen hier jedoch mit wirklich vorhandenen Problemen. Der Anteil der Frauen in besseren Berufen ist leider gering und allein die vielen schwangeren jungen Mädchen und die vielen bettelnden Kinder in der Straße sind Zeugnis genug dafür, dass auch in Sachen Aufklärung noch einiges getan werden muss. Zudem ist auch der starke Katholizismus im Land dafür verantwortlich, dass Stichworte wie Verhütung und Schutz vor Krankheiten leider noch nicht das Bewusstsein von vielen Frauen erreichen konnten. Da die Abtreibung nach dem Scheitern eines Gesetzesentwurfes letzte Woche im Senat immer noch illegal ist, wird es wohl auch weiterhin sehr viele Todesfälle aufgrund von Pfuschern geben, die sich der Schwangerschaftsprobleme der Frauen annehmen. Trotzdem wurden klar auch die üblichen Stereotypen artikuliert wie zum Beispiel, dass man sich von Männern nicht einreden lassen dürfe, dass fett nicht schön sei oder das Männer einfach grundsätzlich wahnsinnig böse sind.








Am Abend ließ ich mich trotz einiger Schauergeschichten, die mir über die paraguayischen Männer erzählt worden waren, nicht davon abbringen mich mit Samuel vom Rest der Gruppe etwas abzusondern. Ich hatte nicht vor diesen einen der insgesamt 4 anwesenden Männer (bei einer Gesamtanzahl von ungefähr 600 Personen) mit den ganzen anderen Frauen zu teilen. Leider kann ich über diesen Abend nichts unbedingt spektakuläres berichten. Bei lauer Sommerluft, saßen wir bis morgens um 5 auf einer Bank im Park und haben uns unterhalten. Nachdem wir uns erst mal leer gequatscht hatten waren wir wohl eine der letzten, die unsere Betten aufsuchten. Für paraguayische Verhältnisse ging das Programm am nächsten Tag auch gleich um 8 Uhr wieder weiter. Nachdem ich mir auch die Probleme der paraguayischen Lesben und Transvestiten, der Bauersfrauen, der Frauen in der Politik, der Prostituierten, der indigenen Frauen und all der anderen Minderheiten, die ich bisher nicht erwähnt hatte, angehört hatte war es auch schon wieder Abend. Beim letzten Schlusswort des letzten Vortrags für den Tag waren Samuel und ich auch schon auf dem Flur, um ja keinem die Chance zu geben uns irgendwie in unsere Abendplanung rein zu quatschen. Mit einem Bus fuhren wir kurzerhand über die argentinische Grenze um uns die Stadt Pousada anschauen zu können. Wir hatten uns keine Gedanken darüber gemacht, wie denn genau unser Rückweg aussehen sollte und stellten erst in Argentinien fest, dass wir wohl vor morgens um 6 auf keinen Fall mit dem Bus zurückkehren konnten. Eigentlich war uns das aber auch ganz recht so! Die Uferpromenande am Rio Paraguay war auch ausgesprochen romantisch und zum Glück auch nicht ganz einsam und verlassen, weil man in Südamerika immer darauf achten sollte andere Menschen bei Nacht um sich rum zu haben, um nicht irgendwelchen Dieben zum Opfer zu fallen. Die argentinische Seite des Flusses hob sich sehr stark von der paraguayischen Seite ab. Die Straßen sind ordentlicher, die Stadt ist im Allgemeinen sauberer und man sieht sofort, dass auf dieser Seite mehr Wohlstand vorhanden ist. Die ganzen Bars, Kneipen und Diskos und die vielen vergnügungssüchtigen Jugendlichen, die sich dort rumtrieben, ließen auch keine Zweifel daran offen, dass auch das nötige Kapital für Spaß zur Verfügung stand. Mit unseren lumpigen Guaranies in der Tasche, haben wir erst gar keine Bar aufgesucht, sondern wie auch den Abend zuvor auf einer Parkbank verbracht mit schönem Ausblick verbracht. Die Zeit bis um sechs verging eigentlich auch wie im Flug, wenn man sich wirklich gut unterhält, muss ich sagen. Die Müdigkeit war dafür umso größer, als wir nach ungefähr 2 Stunden Schlaf schon wieder beim nächsten Vortrag saßen. Trotz krasser Müdigkeit haben Samuel und ich auch bei der Rückfahrt im Bus kein Auge zugemacht, sondern die gemeinsame Zeit noch genutzt! Alles in allem nenne ich das mal eine wirklich sportliche Leistung von uns! Total tot lag ich dafür um 22 Uhr abends dann im Bett und war auch am nächsten Tag noch nicht fähig zur Arbeit zu gehen!