Dienstag, 18. September 2007

Urlaug in Brasilien 3

Tag 3:
Dementsprechend früh starteten wir um 6 Uhr morgens dann auch in den nächsten Tag. Auf dem Plan standen entsprechend der gängigen Touristenpläne erst mal die Copacabana und der Strand von Ipanema. Jedoch war uns ein in der Sonne liegen bis zum Abend nicht möglich, da wir von viel zu vielen unbekannten und fremden Sinneswahrnehmungen (wie zum Beispiel ein viel zu klein geratener Hund namens Pudel Zero) und Angeboten nahezu erschlagen wurden.

Zudem mussten wir uns erst mal mit dem nötigsten, wie neuen Schmuckstücken, einem Cowboyhut, einem Strandtuch, einem Armband und diversen anderen dringend erforderlichen Utensilien auf dem „Hippie-Fair“eindecken. Auf diesem Markt entdeckten wir einen Essenstand, mit einer besonderen Auswahl an uns völlig unbekannten Gerichten.
Nach eingehender Beobachtung der schwarzen Muttis in interessanter gardinenartiger Kleidung und der Feststellung, dass die schleimige Konsistenz mancher Gerichte auf keinen Fall schmecken konnte, bestellten wir uns gleich zwei Portionen von einem besonders abstrakt aussehenden Essen.

Ueberaus wagemutig und mit verzerrtem Gesicht nahmen wir dieses dann bis auf den letzten Bissen zu uns.
Es war wohl eher der sportliche Ehrgeiz und die Höflichkeit gegenüber den Eingeborenen, die uns mit freudig strahlenden Gesichtern beim Essen beobachteten, der uns dazu brachte die ekligen Brechreizverursachenden Konsistenzen hinunter zu würgen. Die mit Furcht erwartete Magenverstimmung blieb jedoch aus.

In absoluter Hochstimmung, weil wir ja aufgrund des tollen Preisleistungsverhältnisses so viel gespart und zudem absolute Unikate erworben hatten (bis auf Rolfs Cowboyhut, den es an jeder Ecke für billiger gab, obwohl versichert wurde, dass er von Hand und mit viel Liebe genäht worden war) konnten wir nach einem sehr ausgedehnten Spaziergang auf der Strandpromenade dann doch endlich Sand unter den Füßen spüren.
Bewaffnet mit einem Caipi und einer Kokusnuss in der Hand widmeten wir uns mit viel Hingabe der Fleischbeschau.

Unser Blick blieb jedoch leider nur viel zu oft an ungeheuren Fleischmassen hängen, die sich in der Sonne bruzelten oder in wogenden Bewegungen und aus gutem Grund die Promenade entlang joggten.


Natürlich fehlten jedoch auch nicht die nur mit einem kleinen Schnürchen bedeckten braun gebrannten knackigen Hinterteile und die beim Liegen immer noch formvoll nach oben gerichteten Silikonkisssen, die wir erwartet hatten. Der Blick vom Strand aus auf den Zuckerhut ist zwar unvergleichlich schön, aber mit uns teilten sich diesen genauso wie jeden einzelnen Quadratmeter am Strand wahre Massen von Menschen.

Das Rauschen des Meeres wurde nahezu vollständig überlagert von der Geräuschkulisse und zudem jeder Menge laut schreiender sehr kapitalistischer Verkäufer, die den Sonntag dazu nutzten um uns alle möglichen Dinge anzudrehen. Neben den üblichen Sonnenbrillen und gekühlten Getränken war ein besonderes Highlight der direkt vor einem in einem kleinen mitgebrachten Ofen gegrillte Käse!



Als sehr spannend empfanden wir auch die sehr ausufernde Gays and Friends Stelle am Strand, die großzügige Blicke auf züngelnde Frauen und sich in liebender Umarmung befindender Männer freigab, die nichts mehr von ihrer Umwelt wahrzunehmen schienen. An dieser Stelle habe ich zu meinem großen Ärger und Unmut leider auch die größte Masse an muskulösen Männeroberkörpern festgestellt.












Trotz dieses üppigen Tagespensums an Attraktionen rafften wir uns am Abend noch dazu auf mit den Locals (sprich der Hausbesitzerin und einer Bekannten) ein typisches einheimisches Sambatanzlokal mit Livebands aufzusuchen. Die Cariocas feiern nämlich mit Vorliebe und am ausgiebigsten den Sonntag, weil ja jede Sekunde ausgenutzt werden muss, bis am nächsten Tag dann die Arbeit wieder losgeht. Begrüßt wurden wir schon vor der Bar von einer sich im Rhythmus der laut auf die Straße schallenden Musik bewegenden Menschenmasse, aus der sich besondern ein einzelnen älterer Mann hervortat. Mit einem Grinsen, das im Gesicht festgetackert zu sein schien bewegte er sich besonders ekstatisch und viel Leidenschaft. Die Musik war ausgesprochen gut und die Bandbesetzung wechselte mehrmals je nach Lust und Laune der Feiernden, die sich abwechselnd entweder mit Instrument oder auf der Tanzfläche betätigten. Scheu vor Fremden wurde auch nicht an den Tag gelegt und nach ein bis zwei Caipis fand ich mich auch schon in den Armen eines rassigen schwarzen Latinos, der mit eher mäßigem Erfolg versuchte mir seinen Rhythmus aufzuzwingen. Ich habe mich zuerst sehr geschmeichelt gefühlt bei den vielen Komplimenten, die auf mich niederprasselten. Spätestens nachdem ich die selben Worte zum dritten Mal von unterschiedlichen Männern gehört hatte, erkannte ich jedoch das Schema dahinter, das mit möglichst wenig Anstrengung und Kreativität zum erwünschten Ziel führen sollte: Einem Kuss oder mehr. Eine nett formulierte, höfliche Absage hatte leider auch nicht die gewünschte Wirkung wie in Deutschland, sondern führte zu lang andauernden Verhandlungen und jeder Menge Feilschen, bis man entweder nur noch die Flucht ergreifen konnte oder sich doch zu etwas hinreißen ließ (Ich sage dies nicht aufgrund von Erfahrungswerten, sondern aufgrund von beobachtetem Verhalten von geschlechtsreifen Großstädtern aus Rio zur Paarungszeit). Auch die Beliebigkeit beim Tanz- und Balzverhalten war sehr überraschend. Jeder Anwärter war obwohl er tiefe Trauer mimte, nicht wirklich lange so betroffen über eine Absage, wie er vorgegeben hatte, sondern versenkte spätestens eine halbe Stunde später schon seine Zunge in einer anderen Dame seiner Wahl um kurz danach sich ein neues Wahlobjekt zu suchen. Rolf erfreute sich im Gegensatz zu mir sehr an der Tatsache, dass jedes Mädchen nach nur sehr kurzem Einleitungsgeplänkel dazu bereit war, mit ihm Spanisch zu Tanzen! Im Paradies wähnte sich auch ein viel zu klein geratener Tänzer, der im Laufe des Abends wohl in nahezu jedem verfügbaren Dekoltee klebte. Nachdem er auch meines besucht hatte war ich über das Antreten des Heimwegs nicht gerade unglücklich.

Urlaub in Brasilien 2

Tag 2:
Auch am nächsten Morgen konnte Rolf den Zwang vor dem Boarding Spanisch Tanzen zu gehen nicht unterdrücken. Er war jedoch diesmal in der Lage seine rotierende Hüfte rechtzeitig in Richtung Sicherheitsschleuse zu schwingen. Nach 11 Stunden Flug machten wir die erste Bekanntschaft mit der gelassenen Art und Zeitwahrnehmung der Brasilianer. Vor der brasilianischen Passkontrolle verbrachten wir ganze 2 Stunden zusammengepfercht in einer Schlange, bis wir dann ohne jegliche Eile unseren Stempel in den Pass bekamen. Erheitert wurde die Wartezeit jedoch durch Laolawellen der etwas gereizten, aber sich in Urlaubslaune befindenden Passagiere, die auf ironische Art und Weise die Arbeitstätigkeit der Kontrolleure bejubelte und kontraproduktiv zusammen mit einem in den Hallen verirrtem Vogel für noch mehr Ablenkung von der anstrengenden Stempelarbeit sorgten.

Im Gegensatz zum Vogel konnten wir anschließend recht schnell den Ausgang finden und befanden uns schon kurze Zeit später in einem einheimischen Bus, von dem in jedem Reiseführer aufgrund der hohen Kriminalitätsrate in Rio abgeraten wurde. Mit krampfhaft umklammerten Reisetaschen waren wir jedoch sehr überrascht, dass sich gleich 5 Einheimische gemeinsam beratschlagten, wie die Touristen am Besten ihren Bestimmungsort erreichen können und wer uns wie dabei helfen kann. Wir wurden zudem mit jeder Menge guter Ratschlägen versorgt. Zum Beispiel war der erste an mich gerichtete Satz der Cariocas (Rios Einwohner): Relax, take it easy! Memo an mich an dieser Stelle war, dass ich wohl öfter mit Rolf Spanisch Tanzen sollte, um etwas lockerer in der Hüfte zu werden und mich besser in meiner neuen Umgebung einzufinden.


Ausgesprochen gut war die von Rolf gewählte Unterkunft im Künstlerviertel Santa Teresa.
















Wir waren sehr überrascht über die sehr kreativ eingerichtete private Pension, die bestückt war mit vielen Kunstobjekten und Bildern und weit entfernt war vom erwarteten, üblichen Jugendherbergscharme.

Der direkte Zugang der Zimmer zum großen Balkon mit Pool und gigantischem Ausblick über Rio, das biologisch hochwertige mit viel Liebe zubereitete Frühstück (inklusive selbst gemachtem Mangosaft, Joghurt und Kuchen und wundervollem Ausblick ueber Rio),



















die persönlichen und individuellen Stadt- und Barführungen sind neben kostenlosem Internetzugang nur eine kleine Auswahl der unerwarteten Annehmlichkeiten, die Rolf und mich überaus erfreuten. Der erste Abend in Rio endete jedoch trotz großartiger Partyplanungen in einem ziemlich zeitigen Bettgang aufgrund von akutem Jetlag, nachdem wir wenigstens noch mit letzter Kraft unser erstes typisch einheimisches Essen (interessant schmeckender schwarzer Bohneneintopf mit Fleisch und Wurst und als Beilagen Reis mit grünem Zeugs und Semmelbröselartigem nach Käse und Schinken schmeckenden Zeugs) zu uns genommen hatten.







Urlaub in Brasilien 1

Tag 1:
Unser Trip begann mit einem Fehlstart. Nachdem Anisha (an dieser Stelle ein ganz fetter Knutscher und Dank an mein überaus liebreizendes Abschiedskomitee) und ich und auch Rolf uns trotz wahnsinnig früher Abflugzeit rechtzeitig am Flughafen eingefunden hatten, musste Rolf noch mal kurz vor der Sicherheitskontrolle „Spanisch Tanzen“ gehen und vermasselte uns deswegen den frühen Flug nach Lissabon. Zugegebenermaßen war auch eine gewisse Teilschuld bei der bösartigen Dame beim Boarding zu finden, die aus erzieherischen Gründen entschied zwar noch reguläre Passagiere, aber keine Standbyler mehr an Board zu lassen. Diesem Umstand verdankten Rolf und ich einen ungeplanten aber wunderschönen Tag in Lissabon, bis wir am nächsten Tag weiter nach Rio fliegen konnten. Der dicke Südamerika Reiseführer war leider keine große Hilfe in Portugal, aber auf gut Glück war ziemlich schnell ein billiges Hotel gefunden, das jedoch nicht unbedingt den Michelin-5-Sterne-Ansprüchen genügte. Passend zum Hotel genossen wir auch ein billiges, ausschließlich der üppigen Nahrungszufuhr dienendes Mittagessen für 6,50 Euro, in einem überaus romantischen Kellergewölbe mit wirklich gar keinem Ambiente.



Eine wirkliche Entschädigung war dann jedoch unser kleiner Ausflug auf das Schloss, wo wir etwas dreist auf einer dort stattfindenden Privatparty noch ein bis zwei Gläser Wein abstauben konnten. Blöderweise sind wir bei einem unverhofften Gespräch mit dem Gastgeber der Konferenz über künstliche Intelligenz dann doch aufgeflogen, weil Rolf und mir zu diesem Thema leider nicht viel mehr einfiel als einen hochroten Kopf zu bekommen und zu versichern, dass wir davon ausgegangen sind, dass der Wein im Eintrittspreis des Schlosses inklusive gewesen wäre. Nachdem der Gastgeber uns gebeten hatte keine weiteren Passanten zum Trinken zu animieren und uns unauffällig zu verhalten durften wir jedoch unseren Wein noch zu Ende austrinken. Anschließend ließen wir hoch über den Dächern Lissabons mit „grünem Wein“ (unserem Verständnis nach wohl einer Art Prosecco) und Oliven den Abend ausklingen.