Nächtlicher Grenzübergang und Santa Cruz
Eine kleine Hütte mit mehreren Stockbetten und einem einzelnen Schreibtisch wurde als offizieller Grenzposten deklariert! Nach weiteren Stunden Fahrt und ungefähr 4 weiteren Kontrollposten hatten Micha und ich dann endlich den richtigen Ausreisestempel aus Paraguay und einen Einreisestempel nach Bolivien.
Die Armut der Menschen am Grenzübergang war das erste was einem definitiv ins Auge stach. Die Vermietung der Toilette an Durchreisende als einzige Einnahmemöglichkeit ist in dieser Einöde nicht genug, um sich ein ordentliches Dach über dem Kopf leisten zu können.
Die Toilette, deren Spülung mit Hilfe eines Eimer Wassers funktionierte, war auch mehr als abenteuerlich. Mit in unserem Bus befanden sich mehrere mennonitische Familien, die in Bolivien eine neue Heimat gefunden hatten und sich deutlich von den paraguayischen Mennoniten abhoben.
Die traditionelle, sehr altbackene Kluft und die blonden Haare, die streng nach hinten frisiert waren, unterschieden diese von der Herkunft her Deutschen sofort von den anderen Mitreisenden. Sie erregten einiges an Aufmerksamkeit im Bus, vor allem als sie mitten in der Pampa ausstiegen und ihren kompletten Hausrat vom Bus in Pferdewägen verluden.
Wenigstens ein kurzes Gespräch konnten wir mit diesen sehr merkwürdigen Menschen führen, bevor die eine Familie mit ihren 8 Kindern den Bus verließ. Ordentlich fertig und ziemlich stinkend, weil natürlich keine Klimaanlage im Bus vorhanden war, kamen Micha und ich nach 20 Stunden Fahrt in Santa Cruz an. Beim Hotel achteten wir nicht besonders auf den Preis. Ein kurzer Blick auf den Pool reichte, um zu überzeugen, dass ein bisschen Luxus an dieser Stelle wohl sein müsste. Nachdem die Stadt kurz erkundet worden war, freuten wir uns besonders auf eine Partynacht, weil ja schließlich nicht jeden Abend Samstagnacht ist.
Nach einem schönen Abendessen auf einer Terrasse über dem Hauptplatz der Stadt und einer sehr guten Flasche Rotwein bin ich allerdings fast am Tisch eingeschlafen! Diese groteske Szene, bei der mein Kopf wohl einfach weggeknickt ist und ich die Augen wirklich gar nicht mehr offen halten konnte, noch während ich am Tisch saß, ist im Laufe des Urlaubs von Micha noch einige Male in den schillernsten Farben beschrieben worden. Das angedachte kurze Schläfchen, um wieder zu Kräften zu kommen, dehnte sich allerdings leider über die ganze Nacht aus. Nach 12 Stunden Schlaf gestanden wir uns dann doch ein, dass wir wohl ein kleines Schlafdefizit hatten. Am nächsten Tag erkundeten wir die Stadt.
Der Markt war eigentlich fast noch atemberaubender, im wahrsten Sinne des Wortes, als in Asuncion. Das Fleisch, das in der prallen Mittagssonne hing und der Dreck der Strasse, gemischt mit alten Lebensmitteln, Hühnerköpfen und lebenden Tieren führte an manchen Stellen zu einem Gefühl von leichtem Brechreiz. Micha hat sich besonders gefreut, dass an diesem Sonntag ein Videodreh in den Straßen stattfand, bei dem leicht bekleidete Mädchen durch die Strassen hüpften und sich mit Wasserpistolen nass machen ließen.
Ich verstehe überhaupt nicht warum er das so beeindruckend fand… so besonders schnell waren die nämlich gar nicht und sind deswegen auch ständig nass geworden.
Beim Schlendern durch die Stadt sind wir dann zufällig auf einen alten Bekannten gestoßen. An den Wasserfällen in Brasilien hatte ich mich schon mit einem im Rollstuhl sitzenden Franzosen unterhalten, der 6 Monate lang Südamerika bereist. Genau dieser Franzose fuhr mir fast einen Monat später in Santa Cruz wieder über den Weg! Das war natürlich Anlass genug, um mit ihm und seiner Freundin am Abend Essen zu gehen.
Besonders witzig fanden wir einen Fotografen auf dem Marktplatz, der mit einer uralten Kamera aus dem Jahr 1950 Leute fotografierte. Dieser große Kasten, in dem man das Bild auch gleich entwickeln kann, stammt aus Deutschland aus dem Hause Zeiss! Selbst wenn ihm von mehreren Ausländern schon 1000 Dollar für den Apparat angeboten worden sind, bevorzugt er es, wie schon seit 50 Jahren, die Leute auf dem Plaza mit schwarz weiß Bildern zu beglücken.
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